Jutta Höpfel: Erinnerungen an den zerbombten Bahnhof

Die renommierte Innsbrucker Journalistin Jutta Höpfel erzählte am 17. Dezember 2013 im Literaturhaus Innsbruck aus ihrem Leben. Das Gespräch hat die Literaturwissenschaftlerin Dr. Anna Rottensteiner geführt und aufgezeichnet. In einer Passage aus der Kriegszeit wird auch der Bahnhof Innsbruck erwähnt:

„Dann ist mein Vater eines Sonntags im Jänner 1945 im ´Pensionat Kaiser´ in Wien, wo ich seit einigen Jahren war, aufgetaucht. Wir saßen gerade im Salon, ich habe wohl Klavier gespielt, wir hatten es ganz gemütlich. Du musst sofort Koffer packen, sagte er zu mir, heute geht der letzte durchgehende Zug nach Innsbruck. Von wegen durchgehender Zug!

Am Westbahnhof war es völlig chaotisch, wahnsinnig viel Menschen, endlich fuhr der Zug los, dann kam Fliegeralarm unterwegs, wir mussten alle aussteigen und uns in die Böschung legen, es war sehr kalt, unheimlich, endlich, endlich nach vielen Stunden kam der Zug schließlich in Innsbruck an. Er ist aber gar nicht in den Bahnhof hineingefahren, der ja zerbombt war, sondern außerhalb des Bahnhofs stehengeblieben.

Mein Vater war immer sehr erfinderisch, irgendwo hat er einen kleinen Leiterwagen aufgetrieben, ich weiß nicht wo, jedenfalls hat er furchtbar geflucht über meinen schweren Koffer, der voller Bücher war – die waren mir immer am wichtigsten, Kleider gab es sowieso keine, was hatte man schon zum Anziehen, Reichskleiderkarte … aber eine Menge Bücher eben, Operntexte und vieles mehr. Mit diesem Wagerl zogen wir also Richtung Wohnung, Innsbruck war schon ziemlich bombardiert damals, Dezember 44 waren ja die ersten Angriffe, man hat schon sehr die Bombenschäden gesehen rund um den Bahnhof.“

Jutta Höpfel: Erinnerungen an den zerbombten Bahnhof