Kriegsende, Krisenversorgung, Konzept für neuen Bahnhof

Am 3. Mai 1945 wird Innsbruck den anrückenden US-Truppen als befreit präsentiert – eine Hauptstadt in erbarmungsvollem Zustand. Hunger, Wohnungsnot, zerrissene Familien und eine völlig zerbombte Verkehrs-Infrastruktur. Vom ehemaligen Bahnhofsbau aus den 1930er Jahren ist kaum ein Stein auf dem anderen geblieben, das Uhrturmgebäude ausgenommen. Ein behelfsmäßiger Zugverkehr kommt ins Rollen, sehr rasch aber auch der Nachrichtenverkehr. Schon 1946 trifft man sich zur Firstfeier des Bahnhofspostamtes. Dass die Innsbrucker Stadtführung darüber nachdenkt, den Bahnhof in ein anderes Areal zu übersiedeln, wundert nicht. Hatten doch schon die Pläne von Negrelli vor dem Bau des ersten Bahnhofs 1858 ein anderes Areal bevorzugt. Aber jeder Quadratmeter Ackerland ist dringend nötig, um Hunger zu lindern – die Tagesrationen liegen 1945 noch unter tausend Kalorien!  Also entsteht am gewohnten Platz ein neuer Bahnhof. Aus dem von der ÖBB 1948 ausgelobten Ideenwettbewerb geht der Entwurf von Keckeis (Bregenz), als Sieger hervor. Die neue Abfahrtshalle ist so geplant, dass der Blick der Ankommenden „…sich nicht gleich unmittelbar auf die nicht gerade schön anzusprechende gegenüberliegende Häuserfront, sondern unwillkürlich auf Innsbrucks eindrucksvollstes Wahrzeichen, auf die Nordkette, richtete“ (Quelle: Pawelka). 1949 beginnen die ÖBB mit der Errichtung des Nordflügels. Hinter den Kulissen wird argumentiert, beeinsprucht, gezankt. Denn wiederum übernimmt der ausführende Bauleiter nur Bestandteile des Planes von Keckeis, andere Architekten reichen revidierte Entwürfe ein, die Stadtgemeinde will einen anderen Standort und ein schlichteres Gebäude. Baumaterial ist rar, die Zeit drängt. Den Bahnhof passieren immer weniger Ost-West-Flüchtlinge, dafür kommt der Tourismus in Gang. Immer mehr inländische Sommerfrischler treffen ein.

Foto: Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck

Kriegsende, Krisenversorgung, Konzept für neuen Bahnhof