Der Erste Weltkrieg überrollt den Traum vom Neubau

In den Innsbrucker Nachrichten ist 1912 zu lesen, dass ein Güterbahnhof mit Güterdienstanlagen, Personendienstanlagen mit Inselperrons, das Aufnahmegebäude, Hallen sowie moderne Restaurations- und Wartesäle erneuert bzw. neu gebaut werden sollen. Als Bauzeit sind 5-7 Jahre vorgesehen, die veranschlagte Summe für die Baukosten wird mit 12 Millionen Kronen angegeben. Seit Jahren häufen sich die Stimmen in der Öffentlichkeit, die dies fordern. Der Innsbrucker Bürgermeister Wilhelm Greil äußert sich 1913 dahingehend, dass die Stadt Innsbruck bislang 476.000 Kronen für den Bahnhofsbau geleistet habe, aber noch immer kein Bahnhof stehe.

Der Erste Weltkrieg fegt die Träume von einem Bahnhofsneubau von den Verhandlungstischen. 1914 werden unverzüglich alle Arbeiten eingestellt, lediglich der Frachtenbahnhof wird weiter ausgebaut, denn er ist für den militärischen Nachschub wichtig. Ob baulich augenfällig oder nicht – der Südbahnhof wird zum Schnittpunkt des Kriegsgeschehens und Schauplatz bewegender Momente. Historiker wie Oswald Überegger sprechen vom sogenannten „Bahnhofserlebnis”, gar einer Bahnhofshysterie, wenn sie zu Kriegsbeginn das Abschiednehmen ausziehender Soldaten von Familien und Angehörigen beschreiben. Jubel, Blumen und Geschenke weichen später tragischen Begebenheiten. In Viehwaggons passieren Soldaten aus Trient den Bahnhof Innsbruck, um an die Galizische Front nahe Russland zu gelangen. Tausende Postkarten werden in Zügen verfasst und wandern im Postsack nach Hause. Auf Bildern (Fotograf: Flam) aus dem KuK Kriegspressequartier wird der Abtransport von Verwundeten vom Bahnhof Innsbruck gezeigt.

1918 werden schließlich die ersten Bombenangriffe auf die Landeshauptstadt geflogen und die ersten Bomben über dem Bahnhof in Innsbruck abgeworfen. Damals war die militärische Bedeutung der Luftangriffe noch unbedeutend, psychologisch waren sie aber einschneidend (Quelle: ORF Tirol).

Nach Ende des Krieges, 1919, fällt Südtirol an Italien und damit auch 58 Prozent (674 km) des Tiroler Schienennetzes. Außerdem erfolgt nunmehr die italienische Grenzübernahme für den Güterverkehr bereits am Innsbrucker Frachtenbahnhof. Italienische Soldaten steigen in Innsbruck aus den Waggons, Italiens Truppen besetzen Innsbruck. Sie ziehen aber 1920 wieder ab, ohne Verwüstungen angerichtet zu haben.

Foto: Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck

Der Erste Weltkrieg überrollt den Traum vom Neubau